Gegen das Vergessen - zehn Jahre Terror und Angst vor Marilyn Manson
Marilyn Manson ist verschnupft. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wahrscheinlich darf man froh sein, dass er überhaupt zum Interview erschienen ist. Immerhin hat er es nur auf rund zwei Stunden Verspätung gebracht. Aber etwas Promo muss sein für das neue Best Of-Album "Lest We Forget" vom ‚Künstler des Bizarren'. Wir trafen uns mit dem kränkelnden maestro morbido in Los Angeles.
Wobei hast du dir den Schnupfen geholt?
Marilyn Manson: Ich habe gerade drei Tage an einem Video gearbeitet, in dem ich aufgetreten bin. Außerdem habe ich dabei Regie geführt. Das war offenbar einfach zuviel für mich und meinen Körper.
Das Video zu deinem neuen Song "Personal Jesus"?
MM: Genau. Merkwürdigerweise wurden wir bereits vor sechs Jahren gebeten, diesen Song für ein Depeche-Mode-Tribute-Album zu covern. Damals erschien mir das jedoch zu offensichtlich, da wir gerade an "Antichrist Superstar" gearbeitet hatten. Vor ein paar Monaten habe ich jedoch ein paar Dinge in meinem Leben durchgemacht, die beinah zu einem psychischen Zusammenbruch geführt haben. Ich musste mich entscheiden, in welche Richtung ich mich bewegen wollte. Das führte schließlich dazu, dass ich mich mit jemandem unterhalten habe, der ständig davon gesprochen hat, Jesus zu finden. Er sagte aber auch, dass es nicht darauf ankäme, das Wort Jesus einzusetzen. Ich könne ebenso gut von der Suche nach dem Zentrum sprechen. Das kam mir dann doch etwas dämlich vor. Wenn du an Jesus glaubst, dann kannst du Jesus auch nicht einfach durch irgendein anderes Wort ersetzen.
Da hast du ja deine Erfahrungen gemacht. Der Besuch der katholischen Schule und so weiter…
MM: Genau, ich habe einschlägige Erfahrungen bereits in meiner Jugend gesammelt. Jedenfalls kam mir da der Song von Depeche Mode wieder in den Sinn. Dieser Song, die Musik, der Umgang in Amerika mit Religion und Politik, die Art und Weise, wie viele Leute diesen Krieg als einen gerechten Krieg erscheinen lassen wollen, mit all dieser Pseudo-Moral. Wir kämpfen, weil wir die heiligsten von allen sind. Das ist im Grunde das, was unsere Regierung sagt. "Personal Jesus" ist gut dafür geeignet, meine Best Of-Zusammenstellung zu repräsentieren. Der Song sagt sowohl einiges über meine Vergangenheit als auch über unsere Zukunft aus. Und außerdem hat mein Bassist in der Band KMFDM gespielt, eine Abkürzung, die berühmt-berüchtigt für ‚Kill Mother Fucking Depeche Mode' stand. Was könnte ironischer sein?
Quelle: sonic-seducer.de
